Biographisches Stichwort
Christoph Cellarius (oder Keller) ist am 22. November 1638 in Schmalkalden geboren. Er besuchte die Universitäten von Jena (1656) und Gießen (1659), hielt sich darauf in Schmalkalden, Gotha und Halle auf, wurde 1666 Magister der Philosophie in Jena und 1667 Professor der hebräischen Sprache und der Ethik am Gymnasium in Weißenfels. Sein "geschickter Unterricht" und seine Veröffentlichungen machten ihn bald bekannt. So wurde er 1673 Rektor des Gymnasiums in Weimar und drei Jahre später Leiter der Stiftsschule in Zeitz, die durch ihn großes Ansehen erwarb. 1688 wurde er Rektor der Merseburger Domschule, 1693 schließlich Professor der Beredsamkeit und der Geschichte an der gerade gegründeten Universität Halle. Hier entfaltete er eine reiche Tätigkeit, gab viele lateinische Schriftsteller heraus (u.a. Cicero, Caesar und Plinius), schrieb einen Antibarbarus und befaßte sich auch mit geschichtlichen und geographischen Dingen. Cellarius starb am 4. Juni 1707 in Halle.
Sein "Liber memorialis" (s.u.), noch in der Merseburger Zeit entstanden, hat "das Studium der lateinischen Sprache sehr gefördert". Es wurde u.a. ins Dänische übersetzt und gehörte im 18. Jahrhundert jahrzehntelang zum Handwerkszeug jedes Lateinschülers. Eine große Bedeutung hat Cellarius aber auch für die Geschichtsschreibung: auf seine "Historia universalis" (auch "Historia tripartita") geht die bis heute übliche Periodisierung der Geschichte in Altertum, Mittelalter und Neuzeit zurück. Darauf hat mich freundlicherweise Herr Prof. Dr. Volker Fadinger aufmerksam gemacht.
Der slowakische Gelehrte Matthias Belius (Bild rechts), auch Matej Bel oder Mátyás
Bél, ist am 24. März 1684 in Očová bei Altsohl
(heute Zvolen) geboren. Er studierte in Halle zuerst Medizin,
später Theologie und wurde Lehrer an einer Armenschule,
ehe er zum Rektor der evangelischen Schule in Neusohl berufen wurde.
Dann ging er nach Preßburg, wo er 1716 heiratete. Als Prediger
der evangelisch-deutschen Gemeinde übersetzte er u.a. Thomas von
Kempens "De Imitatione Christi" und die ganze Bibel ins Tschechische.
Kaiser Karl VI. unterstützte ihn großzügig. Am 29.
August 1749, einen Tag nach Goethes Geburt, starb Belius im Alter von
65 Jahren.
Zu Johann Matthias Gesner
vgl. den Artikel über Matthiae.
Christian August Kriegel
(1732-1803) veröffentlichte neben theologischen Schriften u.a. eine Ausgabe
von Äsops Fabeln (1769).
Am "Cellarius" kam auch der junge Goethe nicht vorbei. Aus der folgenden kleinen Anekdote in seiner Autobiographie "Dichtung und Wahrheit" sieht man, daß Wörterbücher damals keineswegs (wie heute) bloße Nachschlagewerke waren - sie wurden oft Stück für Stück auswendiggelernt:
"Mein Vater lehrte die Schwester in demselben Zimmer Italiänisch, wo ich den Cellarius auswendig zu lernen hatte. Indem ich nun mit meinem Pensum bald fertig war und doch still sitzen sollte, horchte ich über das Buch weg und faßte das Italiänische, das mir als eine lustige Abweichung des Lateinischen auffiel, sehr behende."
Und auch bei Lessing taucht der "Cellarius" auf, nämlich in seiner polemischen Auseinandersetzung mit dem Pastor Lange aus Laublingen:
"Hier weiß ich nicht, wo ich zuerst anfangen soll, Ihnen alle Ihre Ungereimtheiten vorzuzählen. Sie wollen mir beweisen, daß trepidare an mehr als einer Stelle, zittern heiße, und verlangen von mir, ich solle Ihnen die Ausgabe des Cellarius an geben, in welcher eilen stehe. Sagen Sie mir, Herr Pastor, führen Sie sich hier nicht als einen tückischen Schulknaben auf? Als einen Schulknaben, daß Sie verlangen, Ihnen aus dem Cellarius mehr zu beweisen, als darinne stehen kann; als einen tückischen, daß Sie meine Worte verdrehen, als ob ich gesagt hätte, daß trepidare überall eilen heiße."
Adolph Freiherr von Knigge erwähnt den Cellarius ebenfalls mehrfach.
Latinitatis probatae et exercitae liber memorialis
[meist kurz "liber memorialis" genannt]
naturali ordine ita dispositus, ut sine ulla memoriae
defatigatione, notitia vocabulorum non solum capi facillime, sed
feliciter etiam repeti ac conservari possit;
in usum Scholarum Episcopatus Merseburgensis
* Merseburg 1689 (Forberger), 249 S.
* Merseburg 1693 (Forberger), 2 Bl., 250 S., 1 Bl.
* 4. Aufl. Merseburg 1699 (Forberger), 248 S. ["ab ipso
auctore corr. ed auctior ed."]
* 5. Aufl. Merseburg 1702 (Forberger), 128 S. (?)
* 7. Aufl. Merseburg 1709 (Forberger), 2 Bl., 250 S., 45 Bl. ["accedit
index Germanicus"]
* Merseburg 1711 (Forberger), 250 S.
* 9. Aufl. Merseburg 1714 (Forberger), 2 Bl., 250 S., 44 Bl. ["auctior
et em."]
* 10. Aufl. Merseburg 1717 (Forberger), 250 S. (antiqu.
EUR 160,-)
* 14. Aufl. Merseburg 1725 (Forberger), 2 Bl., 250 S., 45 Bl.
* Merseburg 1727 (Forberger), 250 S.
* Merseburg 1733 (Forberger), 250 S. (antiqu. 160,-)
* 17. Aufl. Merseburg (Forberger), 250 S. (antiqu. EUR 145,-)
* 21. Aufl. Merseburg 1738 (Forberger), 2 Bl., 250 S.
* Merseburg 1749
* Merseburg 1751 (Forberger), 266, 149 S. ["ed.
novissima"]
* Merseburg 1753 (Forberger), 266 S.
*
Merseburg 1763 (Hauswald), bearb. Johann Matthias Gesner, 266, 22, 89 S.
Das Titelbild der seltenen Ausgabe Merseburg 1763 (rechts) hat
mir freundlicherweise Herr Carsten Berndt zur Verfügung gestellt.
Andere Druckorte
Berlin:
* 2. Aufl. Berlin 1730 (Ruediger), 250 S.
* 3. Aufl. Berlin 1735 (Ruediger), 249 S.
* 5. Aufl. Berlin 1743 (Rudigerus), 266 S.
Bern:
* Bern 1759, 292 S. (antiqu. EUR 121,-)
Braunschweig:
* Braunschweig 1749, 263 S. (antiqu. EUR 303,-)
Frankfurt und Mannheim:
* 1. Aufl. Mannheim und Frankfurt 1748 (Knochius), 3
Bl., 266 S., 53 Bl.
* 5. Aufl. Mannheim und Frankfurt 1762 (Knoch und Eslinger), bearb. Johann Matthias Gesner, 4 Bl., 266 S., 58 Bl. (antiqu. EUR 187,-)
* 6. Aufl. Frankfurt und Mannheim 1765, (Knoch und Eslinger), bearb. Johann Matthias
Gesner, 4 Bl., 266 S. (antiqu. EUR 200,-)
* 7. Aufl. Frankfurt und Mannheim 1769 (Eslinger), ca.
370 S. (od. 266 S., 58 Bl.?), bearb. Johann Matthias Gesner ["emendatus
novoque indice Latine locupletus"]
* 8. Aufl. Frankfurt a.M. 1774 (Eslinger), bearb. Johann Matthias
Gesner, 4 Bl., 266 S., 57 Bl.
* 8. Aufl. Frankfurt a.M. 1784 (Eslinger), bearb. Johann
Matthias Gesner, 3 Bl., 266 S., 56 Bl.
Gotha:
* Gotha 1724 (Reyher), 328, 104 S.
Leipzig:
* Leipzig 1784 (Weigel), "nova ed.", hg. Chr.
A. Kriegel
* Leipzig 1786 (Böhme), bearb. Johann Matthias Gesner, 288 S.["d.i.
lateinisches Wörterbuch, worin die gewöhnl. Bedeutungen u.
Redensarten in möglichster Kürze genau angegeben sind"]
Leutschau:
* 2. verm. und verb. Aufl. Leutschau 1735 (apud Johannem Breverum), bearb. Matthias Belius
Preßburg
* 3. Aufl. Preßburg 1777 (Landerer), 16 S., 852 Sp.,
370 S. ["locupletatus a Matthia Belio - Accedunt indices,
Germanicus, Hungaricus et Bohemicus"] (antiqu.
unvollständig EUR 133,-)
Salzburg:
* Salzburg 1777 (Waisenhausbuchh.), 266 S., 62 Bl.
Stade:
* Stade 1709 (Holwein), 251 S. (antiqu. EUR 72,-)
Stuttgart:
* Stuttgart 1735 (Mezler & Erhard), 328 S.
* Stuttgart 1766 (Mezler), 360 S.
Utrecht:
* 4. Aufl. Utrecht 1767 (Wilhelm Johannis Reers), VI,
296 S., "in usum scholarum Belgicarum conversus" (antiqu. EUR 48,-/50,-)
Der eigentliche Wörterbuchteil des "Cellarius" ähnelt dem, was
wir heute als Wortkunde bezeichnen:
die Wörter sind zwar alphabetisch geordnet, aber die abgeleiteten Wörter
stehen bei dem jeweiligen Stammwort. Beim Stichwort "fides" findet man
also "fidelis", "fidelitas", "perfidia" usw.
An das Wörterbuch schließt sich ein "Appendix vocum Graecarum, sed Latini
usus" an, sodann ein "Index vocum Latinarum, quarum primogeniae voces
a tironibus haud facile investigari possunt" und die "Auctores
classici et Latini scriptores per singulas aetates", schließlich ein
ausführliches "Deutsches Register". In vielen Fällen war dem
"Liber memorialis" noch die "Lateinische Grammatik" des
Autors beigebunden (so in meiner Ausgabe Frankfurt 1784).
Deutsch-lateinisches Wörterbuch
* Salzburg 1777 (Duyle) [vielleicht nur ein Anhang der
Salzburger Ausgabe des oben aufgeführten Liber memorialis?]
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