Hansjakob, Heinrich (1837-1916)


In seiner autobiographischen Schrift "Aus meiner Studienzeit" erwähnt der aus dem Schwarzwald stammende katholische Volksschriftsteller Heinrich Hansjakob gleich mehrere Wörterbücher. 

Als er von seinem Vater die Erlaubnis erhält, sich vom Kaplan im Lateinischen unterrichten zu lassen, statt das Bäckerhandwerk zu erlernen, ist er überglücklich. Der Vater ruft ihn zu sich.

Da rief er mich zu sich, langte aus seiner Westentasche ein Stückchen Papier und sprach: "Am Möntig sollsch zuem Kaplan kumme und dia Bücher mitbringe, wo uf dem Zädel stenn!" Ein Bettler, dem ein reicher Mann einen Tausendmarkschein schenkt, kann denselben unmöglich mit seligern Gefühlen empfangen als ich den Zettel aus des Vaters Hand. Er erschien mir als die volle Quittung, daß mein Studium geraten werde und alle weiteren Hindernisse beseitigt seien. Und was stand auf dem Papier? "Feldbausch, Lateinische Grammatik nebst Übungsbuch." Freudig las ich dem Peter diese Worte vor, warf meine Axt aufs Holz, rief: "So, Päter, jez isch's us mit'm Beck wäre!" und eilte davon, hinauf zur Großmutter und zur "Lenebas", meinen Zettel hoch in der Hand schwingend wie eine Siegesfahne. 

Der Lehrer Felix Sebastian Feldbausch (1795-1868) hat nicht nur zahlreiche Schulbücher für die alten Sprachen verfaßt, sondern auch ein "Kleines deutsch-lateinisches Wörterbuch", das vor allem für Anfänger gedacht war.  

Als Pater Leopold stirbt und sein Hausrat versteigert wird, macht Heinrich ein Schnäppchen:

Bald nach seinem Tode wurden seine Bücher und Mobilien versteigert. Ich wohnte der Versteigerung bei aus einer besonderen Liebhaberei zu dieser Prozedur. Eine solche hat für Kinder und Knaben gar viel Anziehendes, weil ein reicher Wechsel an Dingen und allerlei Szenen unter den Menschen bei derselben sich abspielen. Es wurde auch ein dickes, altes lateinisches Wörterbuch ausgerufen. Der Schuhmacher Räpple, welcher nebenbei mit Speck und Viktualien im kleinen handelte, bot einen Groschen darauf. Kreuzerweise steigerten er und ich uns nun hinauf, bis der "Bergfidele" dem Schuhmacher Halt gebot mit den Worten: "Loß des Buach dem Beckephilipple, er brucht's zuam Schtudiere!" Ich höre heute noch den Räpple mit seiner langsamen Zunge antworten: "Noa isch's ebbis anders, jez soll er's ha, i hätt' nu Späck dri g'wickelt." Alsbald ward mir das Buch um 13 Kreuzer zugeschlagen. Es war "Adami Kirschii cornu copiae linguae romanae, mein erstes und bis heute mein einziges lateinisches Lexikon. Ich hatte eine gewaltige Freude an dem "alten Schunken" und vergaß es dem Bergfidele nie, daß er zu meinen Gunsten beim Speckhändler Räpple interveniert hatte. Jetzt besaß ich drei lateinische Bücher, mir ein dreifaches Unterpfand für glückliches Studium. Gar oft aber brauche ich noch den Adam Kirsch in meinen alten Tagen und erinnere mich fast bei jedem Gebrauch an die Versteigerung der Hinterlassenschaft des Paters Leopold.

Dieses Wörterbuch von Adam Friedrich Kirsch, das im Jahr 1714 erstmals erschienen war, besaß schon zu der Zeit, als der kleine Heinrich es erwarb, eher antiquarischen Charakter, denn durch Scheller und Georges war inzwischen, was die lateinische Lexikographie betraf, eine neue Zeit eingeleitet worden. Aber wie gut versteht man, daß Hansjakob an diesem so glücklich erworbenen Wörterbuch sein Leben lang hing!

Und noch ein anderer bekannter Name taucht auf. Heinrich muß die Quarta "repetieren" und ist unsicher, ob er das Nachexamen übersteht:

Aber noch war es möglich, mich im Nachexamen durchfallen zu lassen. Wer weiß, dachte ich, den unteren Gang des Lyzeums mit meinem Zeugnis durchwandernd, was der Kalmückenhäuptling im Schilde führt? Da kam vom zweiten Stock herunter der Direktor auf mich zu und sprach: "Junge, daß Du mir wieder kommst: übersetze während der Ferien täglich eine Übung aus Krebs, und dann garantiere ich Dir für Unterquinta."
Getrost ging ich der Heimat zu und befolgte getreulich seine Mahnung. Jeden Tag ward ein "Stil" gemacht morgens in der Frühe. Die übrige Zeit gehörte Feld und Wald, den Werkstätten der Nachbarn und alter Schulkameraden und dem Bierhaus. 

Der genannte "Krebs" war der Lehrer Johann Philipp Krebs (1771-1850). Bei dem von Heinrich benutzten Buch handelt es sich entweder um dessen "Anleitung zum Lateinschreiben" oder um seinen bis heute berühmten "Antibarbarus der lateinische Sprache" (3. Auflage 1843).          

Auf diese Stellen bei Heinrich Hansjakob hat mich freundlicherweise Herr Frank Flechtmann hingewiesen.


Auch wenn es vielleicht nur am Rande hierhergehört, will ich doch noch eine Stelle bei Hansjakob anführen, bei der es um die seinerzeit übliche Art des Lateinunterrichtes geht:

Wir mußten alles, was wir aus Cäsar und Ovid übersetzten, wörtlich auswendig lernen, eine unsinnige Schinderei, die jetzt noch grassieren soll. Wenn die römischen Klassiker wüßten, wie die jungen Germanen, statt den Geist und die Schönheit der Alten kennenzulernen, mit Formenkram und Buchstabendienst geplagt werden, sie würden sich im Grabe umdrehen über die barbarische Schulmeisterei, der ihre Werke verfallen sind. Auf diese Art werden Hunderten die Klassiker entleidet; sie sind froh, wenn sie nichts mehr davon hören und sehen müssen, und verkaufen bei ihrem Weggang vom Gymnasium selbst die Bücher, welche sie ja nur an Qual und Folter erinnern. Dem Himmel sei Dank, daß er mir wenigstens zwei oder drei vernünftige Philologen auf meinen Studienweg sandte, so daß ich heute noch der klassischen Studien im großen und ganzen mit Freuden gedenken kann.


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