Biographisches Stichwort
Ignaz Emanuel Wessely, 1841 in Wien geboren, war (wie es in den meisten Nachschlagewerken heißt) "Schriftsteller, Übersetzer, Literarhistoriker" und soll Schüler des Leipziger Philologen Johannes Minckwitz geworden sein. Er gab eine ganze Reihe von Wörterbüchern heraus, u.a. ein englisch-italienisches, ein englisch-deutsches, ein englisch-spanisches und ein englisch-französisches, daneben übersetzte er den "Sonnenstaat" von Campanella ins Deutsche. Wessely starb im Jahr 1900 in Berlin.
Eine bibliographische Detektivgeschichte
Beide, das Wörterbuch und sein Autor, bereiten
mir einiges Kopfzerbrechen. Es fängt schon bei den Vornamen
an. Der Autor
wird oft "J.E. Wessely" genannt, ist aber in dieser Schreibung als
Verfasser eines Wörterbuchs nirgends auffindbar. Es gibt
aber einen deutschsprachigen
Autor,
der I.E. Wessely heißt (mit "I" statt "J" und den Vornamen Ignaz
Emanuel), und der hat in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts tatsächlich mehrere
Wörterbücher veröffentlicht. In einem von
Wesselys Wörterbüchern, das 1889 im Leipziger
Tauchnitz-Verlag
erschienen ist, findet sich eine Eigenanzeige des Verlags, in der
u.a. für das "New Pocket Dictionary of the Latin & English
Languages" geworben wird, das zu diesem Zeitpunkt, also 1889,
schon in der "vierten Stereotyp-Ausgabe" (s. Bild) erschienen war. Es
ist also viel älter, als man nach Durchsicht der
Bibliothekskataloge glauben könnte.
Ignaz Emanuel Wessely ("der Lexikograph") wird freilich in so vielen Katalogen mit dem Kunsthistoriker Joseph Eduard Wessely (1826-1895) verwechselt, daß man gar nicht mehr weiß, welches Geburtsdatum zum einen, welcher Sterbeort zum andern gehört. Jetzt habe ich im Laufe der Überarbeitung das biographische Stichwort schon viermal geändert, und "Wessely der Lexikograph" wird in seinem Lebenslauf immer nebulöser - weil die meisten konkreten Angaben zu seinem Leben auf einer Verwechslung mit "Wessely dem Kunsthistoriker" beruhen. Dabei sind dessen Lebensdaten relativ gesichert. Joseph Eduard Wessely, "der Kunsthistoriker", ist, wie man in der zuverlässigen Allgemeinen Deutschen Biographie nachlesen kann, am 8. Mai 1826 in Welletau (Böhmen) geboren, trat einem Orden bei und wurde zum Priester ordiniert. Schon früh beschäftigte er sich mit Kupferstichen und wurde ein Kenner auf diesem Gebiet. 1966 verließ er seinen Orden und trat zum Protestantismus über, lebte in Breslau und Berlin, wurde Museumsinspektor in Braunschweig und verfaßte eine Fülle von kunsthistorischen Büchern, Artikeln und Beiträgen zu Enzyklopädien. Er starb am 17. März 1895 in Braunschweig an den Folgen eines Schlaganfalls - ohne je in seinem Leben ein Wörterbuch veröffentlicht zu haben. Und doch sind die Leben dieser beiden Männer durch - mit Verlaub - schlampiges Recherchieren selbst von Universitätsbibliotheken kaum mehr voneinander zu trennen. Daß es sich bei "I.E. Wessely" und "J.E. Wessely" um zwei Menschen handelt, die nichts miteinander zu tun haben, hätte man mit etwas mehr Gründlichkeit leicht bemerken können. Ob freilich zwischen beiden nicht doch eine (vielleicht nur entfernte) verwandtschaftliche Beziehung besteht, bleibt weiterer bibliographischer Detektivarbeit vorbehalten.
New Pocket Dictionary of the Latin & English Languages
with an appendix of Latin geographical, historical, and
mythological proper names
* 4. Stereotyp-Ausg. Leipzig [1883 od. früher] (Tauchnitz)
Geheftet kostete das Wörterbuch damals 1,50 Mark, gebunden 2,25 Mark.
A New Dictionary of the Latin and English Languages
* London 1878 (Routledge), 198, 212 S.
* 3. Stereotyp-Ausg. Leipzig (Tauchnitz), 198, 212 S.
* 9. Stereotyp-Ausg. Leipzig 1892 (Tauchnitz), 198, 212 S.
* 12. Stereotyp-Ausg. Leipzig 1898 (Tauchnitz), 198, 212 S.
* 14. Stereotyp-Ausg. Leipzig 1903 (Tauchnitz), 198, 212 S.
* 16. Stereotyp-Ausg. Leipzig 1909 (Tauchnitz), 198, 212 S.
* 17. Stereotyp-Ausg. Leipzig 1914 (Tauchnitz), 198, 212 S.
Latin-English and English-Latin Dictionary
with an appendix of Latin geographical, historical, and
mythological proper names
Das folgende Wörterbuch birgt einige Rätsel: die
Ausgaben seit den dreißiger Jahren (s.u.) werden in den mir
zugänglichen
Bibliothekskatalogen ohne Autorangabe geführt, dagegen ist dem
Buch in Antiquariatskatalogen
als Autor einmal der Name "Wessely" (die Ausgabe um 1900),
ein anderes Mal "S.C. Wodehouse" (gemeint ist sicher Sidney Chawner
Woodhouse) zugeordnet worden. Die Woodhouse zugeschriebene Ausgabe von 1962, die
ich auch unter
Woodhouse aufgenommen habe,
hebt sich schon durch die höhere Seitenzahl ab. Alle anderen
Ausgaben, ob sie in Leipzig, Philadelphia oder New York erschienen
sind, haben exakt die gleiche Seitenzahl (198, 212 S.) und sind
vermutlich textidentisch.
Handy Dictionary of the Latin and English languages
with an appendix of Latin, geographical, historical, and
mythological proper names
* Philadelphia o.J. [ca. 1900] (David McKay), 198, 212 S.
* Philadelphia 1938 (David McKay), 198, 212 S.
* Philadelphia 1943 (David McKay), 198, 212 S.
* Philadelphia 1944 (David McKay), 198, 212 S.
* Philadelphia 1946 (David McKay), 198, 212 S.
* Philadelphia 1948 (David McKay), 198, 212 S.
* Philadelphia 1950 (David McKay), 198, 212 S.
* New York 1958 (David McKay), 198, 212 S.
* New York 1960 (David McKay), 198, 212 S.
Auch im WorldCat wird übrigens eine undatierte Ausgabe des "Handy Dictionary" fälschlicherweise dem Kunsthistoriker Joseph Eduard Wessely zugeschrieben.
Die folgende Ausgabe, die Sidney Chawner
Woodhouse zugeschrieben wird, ist offenbar auch unter dem Titel "Latin-English English-Latin Dictionary" erschienen.
* New York 1962 (David McKay), 491 S.
Nach einem amerikanischen Antiquariatsangebot soll es sich bei der Ausgabe New York 1962 um eine "first impression" handeln - alles sehr rätselhaft! Übrigens findet sich bisweilen auch der Titel "New Handy Dictionary".
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