Nihil sub sole novum.
Prediger Salomo
Sind deutsch-lateinische Wörterbücher überhaupt nötig?
"Ich glaube, ja; so lange wir aus dem Deutschen in das
Lateinische, mündlich oder schriftlich, übersetzen; und das
soll, dieß kann, dieß wird nie unterbleiben."
Bauer, Deutsch-Lateinisches Lexicon, Vorerinnerung zur ersten
Ausgabe 1778.
Über die männliche Schönheit und den Geist der Sprache
"Wer in den Geist der Lateinischen Sprache eindringen und die
Schönheiten der in ihr geschriebenen Werke fühlen und beurtheilen lernen will,
muß neben der sorgsamen Lectüre derselben auch fleißige Uebungen im Schreiben
anstellen. Durch die Versuche eigner Productionen in der männlich schönen und
volltönenden Römersprache finden wir das beste Mittel, uns ihren Geist inniger
anzueignen und unserm Geiste eine Gewandtheit zu verleihen, welche ihn zu jeder
andern Thätigkeit besser befähigt."
Kraft, Deutsch-lateinisches Lexikon, Vorrede zu vierten Auflage, 1842.
Über boshafte und naseweise Verfertiger von Wörterbüchern
"Aber ist dieses mein Lexicon der Absicht recht gemäß,
so gemäß, daß es eben noch fehlte? Dieß zu entscheiden, kommt
mir am wenigsten zu; wenigstens würde man mir, als dem
Verfertiger, gerade am wenigsten glauben. Doch kann man mir wohl
etwa zutrauen, daß ich eine solche Zeitwegnehmende
Beschäftigung nicht nur für den elendesten Zeitverderb, da man
sonst genug zu thun hat, und sich zu thun machen kann, sondern
auch für boshaft und naseweis würde gehalten haben, wenn ich
die schon vorhandenen Wörterbücher zu der rechten Absicht
eingerichtet und hinreichend gefunden hätte."
Bauer, Deutsch-Lateinisches Lexicon, Vorerinnerung zur ersten
Ausgabe 1778.
Sind auch wirklich alle Wörter aufgeführt?
"Alle werden wohl kaum da seyn: ich bin nicht allwissend:
kann, und soll, und mag nicht alle deutsche Schriften
lesen."
Bauer, Deutsch-Lateinisches Lexicon, Vorerinnerung zur ersten
Ausgabe 1778.
Die Klage aller Klagen
"Wer kennt alle Wörter? und wer versteht sie alle?"
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Auch das Äußere sollte gefällig sein!
"Für ein gefälliges Äußere hat die Verlagshandlung
durch reine scharfe Lettern und gutes Papier und für die
Richtigkeit des Abdrucks durch einen sehr sorgfältigen Korrektor
rühmlichst gesorgt. Was sich dessen ungeachtet an Druckfehlern
eingeschlichen, hat der Herausgeber nach einer nochmaligen
Durchsicht am Ende bemerkt."
Lünemann, Vorrede zur 6. Aufl. des Schellerschen Handbuchs,
1825.
Die Disteln des seligen Scheller
"Ich komme nun auf den deutsch-lateinischen Theil, um
auch über diesen noch einige Worte zu sagen. Jedermann weiß es,
daß diese Arbeit des seligen Scheller am mangelhaftesten war,
und daß darüber nicht nur die häufigsten, sondern auch
gerechtesten Klagen geführt sind. Unbefriedigende, unpassende
oder schiefe Übertragungen, unnöthige, oft weitschweifige und
lächerliche Umschreibungen waren auf jeder Seite in Menge
anzutreffen. Hier war also ein Feld, wo Disteln und Dornen
ausgerottet, edlere Gewächse angebaut und neue Anpflanzungen
gemacht werden mußten."
Lünemann, Vorrede zur 6. Aufl. des Schellerschen Handbuchs,
1825.
Wie der Schüler sein Wörterbuch liebgewinnt
"Ein Schüler, der zu seiner Zeit Gebrauch von einem
grösseren Wörterbuch machen soll, muss zuvörderst an ein
kleineres gewöhnt werden, und zwar an ein solches, welches vor
allem Rücksicht auf diejenigen Schriftsteller nimmt, welche ihm
Anfangs in die Hände gegeben werden. Sieht er sich durch
Auffindung dessen, worüber er Auskunft sucht, in seinen
Bestrebungen gefördert, so gewinnt er das Buch lieb, sieht er
sich aber verlassen, dann entsteht sogar leicht Abneigung gegen
den Gebrauch eines Wörterbuches überhaupt."
Mühlmann, Vorwort zur 3. Aufl. des lateinisch-deutschen
Handwörterbuchs, 1858.
Über ein leichtsinniges Wörterbuch
"Gibt es doch sogar ein auch in fast allen anderen
Beziehungen leichtsinnig bearbeitetes Wörterbuch für Anfänger,
in dem man nicht einmal alle diejenigen Wörter findet, welche
man zu den Schriftstellern braucht, zu deren Lectüre dasselbe
laut der Vorrede bestimmt ist."
Mühlmann, Vorwort zur 3. Aufl. des lateinisch-deutschen
Handwörterbuchs, 1858.
Über Jünglinge und ihre Lehrer
"Man wundert sich zuweilen, daß so viele Jünglinge,
nachdem sie vier, sechs, und mehr Jahre Latein gelernt, doch
nicht im Stande sind, einen Bogen Latein ohne Fehler zu
schreiben. Man würde sich nicht wundern, wenn man wüßte, daß
unter so vielen Tausenden, die sich als Lehrer in der Latinität
besolden lassen, wahrscheinlicher Weise zwey Drittel sind, die
selbst nicht ohne Fehler Latein schreiben können; folglich die
Fehler ihren Schülern nicht nur nicht verbessern, sondern ihnen
auch fehlerhafte Wörter und Constructionen vorsagen."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Darf man es den Lateinlehrern übelnehmen, daß sie so schlecht unterrichten?
"Aber man darf es ihnen eben nicht so übel nehmen: denn
ihr Gehalt ist nicht darnach, daß sie etwas Sonderbares leisten
sollten. Männer, die sich fühlen, verdingen sich nicht für
einen so niedrigen Preis. Und doch müssen die Stellen besetzt
werden."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Gebt den Lateinlehrern mehr Geld!
"Man klagt über die Schulen, über die Lehrer,
Lehrmethode etc.: man klage vielmehr über die geringen
Besoldungen, oder über diejenigen, die sie gehörig verbessern
könnten und sollten. Für einen anständigen Gehalt, bekommt man
überall geschickte Männer, wenn man sie sucht."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Magere Postpferde und tüchtige Schulmänner
"Schwache, magre, muthlose Postpferde, mit einer Handvoll
Hafer oder Häckerling täglich gefüttert, möchten den
Postwagen wohl schlecht ziehen, und wenn man tausend
Methodenbücher hierzu schriebe. Man nehme lieber gleich starke,
muthige, Pferde, und füttere sie gut; und sie werden ohne
Methodenbücher laufen. - Schulmänner, die die Armuth und
Verachtung niederdrückt, sollen thätig sein? man will sie durch
Methodenbücher curiren? - Man schaffe tüchtige Schulmänner:
und besolde sie gut: man wird die Methodenbücher ersparen.
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Über schlechte Lehrer und Schüler ohne Kopf
"Wer zwey Jahre Latein gelernt hat, und noch kein Buch
für sich lesen kann, der hat entweder nie Lust dazu oder gar
keinen Kopf oder einen schlechten Lehrer gehabt. Ich setze zwey
Jahre. Ein geschickter Lehrer wird es bey einem Schüler, der
einen guten Kopf und Lernbegierde hat, noch in kürzerer Zeit
dahin bringen können, daß Letzterer ein Buch für sich lesen
kann."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Die verlorene Ehre des Lateinlehrers
"Sagt der Lehrer dem Schüler einmal oder mehr Male einen unrichtigen
lateinischen Ausdruck, oder corrigirt ihm einen völlig richtigen und passenden,
so verliert er seinen Credit bey den Schülern und seine Ehre. Dann ist sein
fernerer Unterricht verdächtig und unnütz."
Scheller, Deutsch-Lateinisches Handlexikon, Vorrede zur 1. Auflage 1792.
Über Gunsterlangung durch ciceronisches Latein
"Jedoch kommts auch hier oft darauf an, mit wem man zu
thun hat. Schreibt man an jemanden, der kein anders als
ciceronisches Latein hören und lesen mag, und dessen Gunst man
sich also dadurch erwerben kann, so umschreibe man das Wort, so
gut man kann, mit ciceronischen Worten."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Ein pädagogischer Imperativ
"Ein gewissenhafter Lehrer wird nichts behaupten, loben, tadeln etc, was er
nicht mit tüchtigen Gründen behaupten kann."
Scheller, Deutsch-Lateinisches Handlexikon, Vorrede zur 1. Auflage 1792.
Über schmuzige Wörter (1)
"Ich habe mir ohnedem Gewalt anthun müssen, etliche
Wörter, die ich meiner Neigung zu Folge gern weggelassen hätte,
mit herzusetzen. Daß ich aber nicht alle pöbelhafte und
schmuzige Wörter angeführt habe, wird mir gewiß jeder
bescheidne Leser gut auslegen."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Über schmuzige Wörter (2)
"Wenn ich mich .. bestrebt habe, den sittlichen
Standpunkt selbst da nicht zu verletzen, wo man mich einer
Unkenntniss der wahren Bedeutungen eines Worts oder Ausdrucks
zeihen könnte: so hoffe ich ... die Zustimmung der meisten
Pädagogen zu erlangen."
Mühlmann, Vorwort zur 3. Aufl. des lateinisch-deutschen
Handwörterbuchs, 1858.
Die Lehrlinge verstehen kein Deutsch mehr (1)
"Wie kann ich einen deutschen Ausdruck sicher lateinisch
machen, wenn ich ihn nicht verstehe? Man sagt dem Lernenden, was
das deutsche Wort auf lateinisch heiße, ohne zu sagen, was das
deutsche Wort bedeute, da doch manches deutsche Wort viele
Bedeutungen hat. Verstände der Lehrling allemal das Deutsche,
der Lehrer hätte das tausendste Mal nicht nöthig, ihm zu sagen,
was es auf lateinisch heiße."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Die Lehrlinge verstehen kein Deutsch mehr (2)
"Es ist überhaupt traurig, daß unsere deutschen
Schüler (auch oft Lehrer) so wenig Deutsch lernen. Ich ziele
hiermit nicht so wohl auf die Orthographie (in der heutiges Tages
jeder künstelt, und an der ein jeder zum Ritter werden will),
auf die Setzung des rechten Casus, Modi cet., auf den Gebrauch
einiger modischen Wörter, sondern vielmehr darauf, daß man so
wenige deutsche Ausdrücke recht versteht, folglich in seiner
Sprache ein Fremdling ist. Unsre Kinder lernen, so bald sie
laufen können, viel Latein, Französisch etc. (wenigstens
müssen sie es lernen); ans Deutsche denkt niemand; das, denkt
man, wird sich von selbst lernen."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Über wörtliche Übersetzungen und elegante Wandersmänner
"Man läßt die Schüler gern und zeitig von den Worten
abgehen, weil mans für elegant, hingegen die wörtliche
Übersetzung überall für kindisch, hält. Solche Lehrer kommen
mir beynahe so vor als wenn jemand die ordentliche und gerade
Reise von Leipzig nach Weißenfels über Lützen für kindisch,
und hingegen denjenigen, der diese Reise durch unnöthige
Umschweife, z.E. über Merseburg, Sangerhausen und Naumburg, nach
Weißenfels macht, für einen elegantern Wandersmann
hielte."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Noch ein Wort zum wörtlichen Übersetzen
"Schullehrer, die Kenner sind, werden aus Erfahrung
wissen, daß der Schüler bey der Übersetzung insgemein von den
Worten abgeht, wo ers nicht nöthig hatte, hingegen da wörtlich
übersetzt, wo er von den Worten abgehen sollte."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Und noch eins!
"Der Uebersetzer ist, daß ich noch ein Gleichniß
anführe, wie ein Porträtmaler, der den Menschen nicht so malen
muß, wie ihm beliebt, sondern genau und getreu, folglich nicht
schön, wenn er nicht schön ist etc. Wenn man die Alten überall
wörtlich übersetzte, so würde man eben, wie bey andern
Schriftstellern, unrichtige, schiefe, und matte Gedanken
antreffen; die man freylich nicht antreffen kann, wenn man,
seinem Gefühle zu Folge und aus eitler Furcht ein schlechter
Uebersetzer zu seyn, jene Gedanken umformt, veredelt, und Geist
und Stärke hinein gießt."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Die Angst des Philologen beim Übersetzen
"Man wird finden, daß nicht leicht ein Philolog etwas
aus dem Deutschen ins Lateinische übersetze. Er würde seinen
Ruhm auf das Spiel setzen."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Über das unnütze Lateinlernen und das Schonen des Papiers
"Da man auch hier und da hört oder liest, daß das
Lateinlernen und Lateinschreiben als etwas Unnützes getadelt
werde, so wäre hier Gelegenheit dawider eine Vertheidigung
herzusetzen, die mir nicht schwer werden sollte: allein ich muß
das Papier schonen (weil das Buch so schon sehr groß ist); und
hiernächst sind jene Tadler insgemein keine großen Kenner der
Latinität, wenigstens haben sie sich nicht als solche
öffentlich gezeigt, folglich wird ihr Tadel keinen sonderlichen
Eingang finden."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 1. Auflage 1783.
Was das Lateinische mit dem Billardspielen gemein hat
"Aber wozu nützt die Erlernung des Lateinschreibens? So
höre ich Manche fragen, die es nicht können. Ich weis, daß wir
weder in Latium noch in Frankreich leben, folglich eigentlich
weder lateinisch noch französisch schreiben oder lesen sollten.
Aber wer kann es denn hindern, wenn nun Beydes Vielen gefällt?
Es ist wahr, daß Beydes nicht zur Gesundheit des Menschen
beytrage, und daß viel Tausende ohne Beydes ihr Amt gut
verwalten können. Allein viel sind der Dinge, ohne die wir
gesund leben und unser Amt verrichten können, und deren
Erlernung dennoch für anständig, ja für nothwendig, gehalten
wird, z.E. das Lomberspielen, Tarockspielen, Billiardspielen
etc., Tanzen, Singen, das Spielen auf Instrumenten etc. und viele
andre Dinge.Warum gönnt man nicht jedem sein Vergnügen, gesetzt
daß man es nicht selbst mit genießen kann?"
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Noch Weiteres über den Nutzen des Lateinischen
"Viele Gelehrte in Deutschland werden nicht selten von
jemand lateinisch angeredet, z.E. von fremden Gelehrten aus
Hungarn, Pohlen etc. Soll man nicht antworten? Und mancher Hungar
oder Pohle versteht keine andre Sprache als die Muttersprache und
die lateinische."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Das waren noch Zeiten - anno 1842
"Tauf-, Trau- und Todtenscheine, Zeugnisse und Diplome,
ärztliche Befunde, gerichtliche Edicte und Erkenntnisse,
öffentliche Inschriften u.s.w. müssen häufig nicht nur in der
National-, sondern auch in der lateinischen Sprache ausgefertiget
werden, um sowohl im In- als im Auslande überall verständlich
zu seyn."
Hohler, Vorwort zu Schönbergers Handlexikon, Wien 1842.
Warum der große Haufen das Lateinische für unnütz hält und dreieckige Hüte nicht mehr anständig sind
"Schwer ists überhaupt richtiges Latein zu schreiben.
Hieraus folgt, daß die Anzahl derer, die es können, klein ist.
Da nun die Anzahl derer, die es nicht können, die größte ist,
jeder Mensch aber insgemein das, was er gut versteht, schätzt,
hingegen das, was er nicht oder nicht recht versteht, gern
verachtet und wohl gar für unnütz hält, so ist kein Wunder,
wenn der größte Theil das Lateinschreiben für etwas
Überflüßiges und Unnützes hält. Der größere Haufen
herrscht allezeit; von ihm hangts ab, was in diesem oder jenem
Jahre richtig, wahr, schön etc. heißen soll. Er bestimmt, obs
anständig sey, lange oder kurze Rockärmel zu tragen. So lange
mein Hut mit drey Stützen Mode ist, das ist, so lange er dem
größten Haufen gefällt, so lange ist er schön und anständig.
Trägt der größte Haufen einen vier- fünf- und sechseckigen,
so hört mein Hut auf schön und anständig zu seyn. So ists mit
der Literatur und allen Dingen."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Die Lateinische Sprache als Noth und Plage
"Da der Jugend auf den Schulen gröste Noth und Plage ein für allemahl
die Lateinische Sprache bleibet, als mit der sie sich von dem Anfange ihrer
dasigen Wallfahrt an bis an dero Ende in einem fort placken muß, und sich doch
hernach oftmahls noch kaum mit ihrem erlernten Latein recht an Tag geben darf;
haben von allen Zeiten her wohlmeynende Männer sich gefunden, die ihr bald mit
Grammatiquen, bald mit Lexicis, bald mit Phraseologien, bald mit andern
dergleichen dienlichen Subsidial-Büchern zu statten zu kommen gesucht
haben."
Hederich, Promtuarium Latinitatis, Vorrede der 2. Auflage von 1736.
Das zierliche Latein ist eine schwere Sache!
"Richtig Latein überall schreiben ist etwas Schweres,
und eine weit schwerere Sache, als diejenigen denken mögen, die
ihren Schülern nur immer vom zierlichen Lateine vorpredigen,
gleich als wenn das richtige sich von selbst erlernte; und wenn
solche Männer, die über das zierliche und unzierliche Latein so
getrost und selbstgefällig urtheilen, eine öffentliche Probe
ihrer Kenntniß in dieser Sprache vor unparteyischen Kennern
(denn vor seinen Schülern gelehrt schwatzen, ist keine Kunst)
ablegen sollten, so würde man oft finden, daß sie nicht einmal
das richtige und unrichtige beurtheilen könnten."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Warum sich fast jeder für einen großen Lateiner hält
"Jeder Gelehrte hat viele Jahre Latein gelernt; daher
glaubt jeder, daß er so gut als ein Andrer darüber urtheilen
könne. Dieß ist ein Vorurtheil, das durch ganz Europa herrschen
mag; gleichwie jeder sich für einen Christen hält, weil er von
christlichen Eltern geboren, und in den christlichen
Glaubenslehren unterrichtet worden. Wenn nun vollends sein Lehrer
und seine Mitschüler ihm sagen, er sey ein guter oder großer
Lateiner, so glaubt ers desto zuversichtlicher. Wie aber, wenn
sein Lehrer selbst kein sonderlicher Lateiner gewesen? Ob er sich
gleich dafür gehalten hat auch von Vielen dafür gehalten
worden? - die Anzahl der wirklichen Kenner in der Latinität ist
klein."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Von erfahrenen Männern und altklugen Jünglingen
"Wenn ein erfahrner und denkender Mann von 40, 50 und 60,
Jahren eine neue Meynung aufbringt und behauptet, so hört man
ihm ehrerbietig und aufmerksam zu; man erwartet von ihm keinen
leichtsinnigen oder muthwilligen Einfall. Wenn aber Jünglinge
von 24 bis 30 Jahren, die noch nicht recht die Lehrsätze ihrer
Lehrer oder andrer Männer verdaut, noch weniger geprüft haben
können, sich triumphirend wider sie auflehnen, sie, an Statt der
Gründe, mit modischen Spöttereyen oder altklugen dictatorischen
Machtsprüchen zu Boden werfen wollen, so kommen sie mir wie ein
Knabe vor, der dem Hercules mit Gewalt anfassen und ihm seine
Keule entreißen will."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Wie Jünglinge mit den Einrichtungen der Vorfahren umgehen sollten
"Man will gern die Einrichtungen und Grundsätze der
Vorfahren reformiren. Das ist der Modeton bey Vielen. Wer sind
denn die Vorfahren? etwa lauter unverständige alberne Menschen?
etwa Kinder? etwa Menschen, die sich alles haben weis machen
lassen, alles ungeprüft geglaubt haben? Waren es nicht vielmehr
Männer, die eben so viel Verstand besaßen, als wir heutigen
Tages? Männer, die das, was ihre Vorfahren erfunden oder
geglaubt hatten, eben so wohl prüften, als wir es mit ihnen itzt
machen. Ihre Erfindungen, ihre Schriften, beweisen das zur
Gnüge. Gab es unter ihnen ungründliche abgeschmackte
Schwätzer, so gibts wohl zu unserer Zeit nicht weniger; und
keins der künftigen Jahrhunderte wird davon frey bleiben.
Männer, die selbst denken und gründlich urtheilen, machen in
allen Jahren die kleinste Zahl aus. Die Vorfahren haben geirrt,
gleichwie wir alle irren. - Jünglinge sollten also die Vorfahren
mit mehrer Schonung beurtheilen, mit mehrer Achtung behandeln und
mit mehrer Behutsamkeit sich an ihren Tadel machen. Oft versteht
man den nicht, den man tadelt."
Scheller, Ausführliches deutsch-lateinisches Lexicon,
Vorrede zur 2. Auflage 1789.
Der lernenden Jugend und dem wißbegierigen Alter ein
Hülfsmittel!
"Durch solch' dankenswerthe Mitwirkung ist es dem
Unterzeichneten gegenwärtig vergönnt, ein mit Lust und Liebe
begonnenes, mit Treue fortgeführtes und unter mancherlei
Anstrengungen zu Ende gebrachtes Werk dem größeren Publicum zu
übergeben, das, mag es selbst auch von Mängeln, welche gerade
bei einer solchen Aufgabe weniger als bei allen andern
menschlichen Arbeiten auszubleiben pflegen, nicht frei geblieben
sein, doch nach seiner Überzeugung nicht ungeeignet sein
möchte, das in neuerer Zeit wieder so schön belebte Studium der
lateinischen Sprache zu seinem Theile zu fördern und zu
unterstützen; und so übergibt er denn getrosten Muthes und mit
erleichtertem Herzen der lernenden Jugend und dem wißbegierigen
Alter dieses Hülfsmittel zum tieferen Eindringen in den Geist
jener classischen Sprachdarstellung, die ihren Reiz nie verlieren
wird."
Reinhold Klotz, Handwörterbuch der lateinischen Sprache,
Vorrede zur 1. Auflage 1857.
Das Wörterbuch als verdrießlich gewesene Arbeit
"Gott lasse die Jugend den intendirten Nutzen auch aus dieser an sich
sonst ziemlich verdrießlich gewesenen Arbeit finden, und erhalte den geneigten
Leser bey allem erwünschten Wohlseyn!"
Hederich, Promtuarium Latinitatis, Vorrede zur zweiten Auflage von 1736.
Der große Scaliger und die Lexikographie
"Der große Scaliger hat nich so ganz Unrecht, wenn er sagt: er würde
seinem Feinde, wenn er ihm etwas Böses wünschen wolle, wünschen, daß er sich
einfallen ließ, ein Lexikon zu schreiben. Ich habe es während der Jahre, wo
mich diese lexikalische Arbeit beschäftigte, oft erfahren, daß es die
ermüdendste und unangenehmste Arbeit ist, die es nur immer geben kann."
Friedrich Karl Kraft, Vorrede zu seinem "Deutsch-lateinischen
Lexikon" (1820).
Labores lexicographi
"Verum enim vero, lexicographia solet esse res valde spinosa, parum lucrosa. Ingrati enim sunt homines lexica propere atque impatienter pervolventes, labores lexicographi vix umquam respicientes nisi in dubium vocant et lamentantur de absentia verbi alicuius desiderati."
Nikolaus Groß, Vorwort zu seinem "Glossarium Fragrantiae" (2004).
Das Wörterbuch als Labsal in der weiten Welt
So ausgestattet mit Allem, was für den Schüler im lateinischen
Gymnasial-Unterricht nothwendig und nützlich ist, senden wir das Büchlein mit
unserm besten Segenswunsch hinaus in die weite Welt. Möge es sich viele Freunde
erwerben und überall herzlich willkommen geheißen werden, möge es dazu
beitragen, die Lektüre der römischen Schriftsteller der Jugend lieb und
angenehm zu machen, daß sie gern an diesem Quell wahrer Bildung sich erfrische
und labe.
A. Koch, Lateinisch-deutsches Wörterbuch, Vorrede zur 10. Auflage von 1899.
Der Lexikograph als wohlgemuther Wandersmann am Ziel seiner Reise
"Wie der Wanderer nach einer langen, mühsamen, oft ermattenden Reise
freudig das ersehnte Ziel endlich vor seinen Augen sieht und, vergessend der
mannichfachen Beschwerden und Anstrengungen, wohlgemuth in das
gastfreundliche Haus, welches ihn aufnehmen soll, eintritt: so sehe auch ich
mich nach mehrjähriger, höchst mühseliger, ja selbst erschlaffender Arbeit
mit gleichen Gefühlen an dem Ende meines lexikalischen Unternehmens."
Friedrich Karl Kraft, Deutsch-lateinischen Wörterbuch, Vorrede zum zweiten
Band von 1821.
Hahech, Guggel, Bhu, Waleer
Kunte, Ftalm, Weckbolkus ...
In dem ornithologischen Theil der neuen französischen Encyclopädie sind hin
und wieder die deutschen Benennungen der Vögel angezeigt. Von den bekanntesten
Vögeln wird darin behauptet, daß sie in Deutschland mit folgenden Namen
allgemein belegt werden: Sielz, Hahech, Bhu, Waleer, Tahaestain-Tahen,
Gravekrache, Stoerstran, Flan, Guggel, Bousth, Hußspar, Tul, Tahe, Wy, Zame,
Tub, Kunte, Ftalm, Ochfén-engle, Weckbolcus &c. &c. Dergleichen Wörter
sehen der malabarischen Sprache ähnlicher als der deutschen. In der spanischen
Uebersetzung sind dergleichen Wörter treulich nachgeschrieben, und wer weis, in
wie viel Büchern sie noch stehen mögen?
Philipp Andreas Nemnich, Vorrede zum Polyglottenlexikon, 1793.
Das Zartgefühl des geheimnisvollen Unbekannten
Schließlich fühle ich mich noch verbunden, einem mir persönlich
unbekannten Freunde für die freundlichen Erinnerungen, die auf die
Vervollkommnung dieses Buches einen nicht unbedeutenden Einfluß gehabt haben,
meinen wärmsten Dank zu sagen. Wollte ich seinen Namen öffentlich nennen, so
würde ich sein Zartgefühl zu beleidigen glauben.
Johann Friedrich Weingart, Vorrede zum Schul-Lexikon, 1819. Übrigens
verschweigt auch der Autor selbst seinen Namen und überläßt die Suche danach
späteren Generationen von Diplombibliothekaren. Auch aus Zartgefühl?
Eine kernige Widmung an den theueren Nauck
Indem ich Dir, mein innig geliebter Nauck, die vierte Ausgabe dieses Buches
widme, trage ich nur einen kleinen Theil einer längst verwirkten Schuld ab.
Seidem uns das gemeinsame Streben, der lateinischen Sprachwissenschaft immer
neue Seiten abzugewinnen, zusammengeführt hat, hast Du, mein edler Freund,
meinen Arbeiten fort und fort eine lebendige Theilnahme geschenkt und mit
Aufopferung kostbarer Mußestunden meine Sammlungen mit berichtigenden und
ergänzenden Bemerkungen bereichtert, deren jede zeigt, wie Du sowohl in der
Auslegungs-, als in der Uebersetzungskunst Meister bist. Solche Freundesliebe
hat meinem Herzen wohlgethan und mich für so manche Kränkung und
Zurücksetzung reichlich entschädigt. Habe innigen Dank, mein theuerer Nauck!
Karl Ernst Georges, Deutsch-Lateinisches Handwörterbuch, Vorrede zur 4.
Auflage von 1853.
Der leidenschaftliche Tadel des Recensenten
"Der schnelle Absatz der vorigen Auflage von 5000 Exemplaren hat seine
Brauchbarkeit erprobt, trotz des leidenschaftlichen Tadels eines Recensenten,
dem sich der Verfasser deßhalb nie zu antworten würdigte, noch in ähnlichem
Falle jemals würdigen wird. Ihm genügt die Überzeugung, daß das Werk in
seiner nochmaligen Verbesserung der studierenden Jugend zuverläßig nützen
werde."
C. Ph. Mayer, Vorrede zu Bayers Paedagogus Latinus, Vorrede, 1803.
Ein Bild sagt mehr als
tausend Worte...
...nämlich darüber, was ein Wörterbuch dem Menschen sein
sollte:
ein Freund! (Und so möchte es auch behandelt werden.)
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